Mehrjährige Pflanzensysteme für eine umweltgerechte Bioökonomie - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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12.02.2020

Mehrjährige Pflanzensysteme für eine umweltgerechte Bioökonomie

Kurz & Knapp
  • Biomasse als Rohstoff für die wachsende Bioökonomie sollte auf nachhaltige Weise erzeugt werden.
  • Mehrjährige Pflanzen können einen Beitrag zur nachhaltigen Erzeugung von Biomasse erbringen.
  • Mehrjährige Pflanzen tragen zur Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit, zur Festlegung von Kohlenstoff aus  CO2 im Boden und zur Erhöhung der Biodiversität bei.

Mehrjährige Pflanzensysteme für eine umweltgerechte Bioökonomie

Ein Beitrag von Prof. Dr. Iris Lewandowski, Universität Hohenheim

Pflanzliche Biomasse aus der Landwirtschaft ist ein unverzichtbarer nachwachsender Rohstoff für die Bioökonomie von heute und morgen. Aus ihr werden sowohl Nahrungs- und Futtermittel als auch Materialien und Bioenergie gewonnen. Letzteres hilft dabei, den Verbrauch an fossilen Rohstoffen und den Ausstoß an CO2 -Emissionen zu verringern. Dabei kann die Bioökonomie nur dann insgesamt nachhaltig sein, wenn es auch die Produktion der Biomasse ist.

An der Universität Hohenheim wird darum an Biomasseproduktionssystemen geforscht, welche umweltfreundlicher als herkömmliche Verfahren sind, gleichzeitig den Landwirten zusätzliche Einkommensquellen erschließen und den Verarbeitern der Biomasse einen optimalen Rohstoff liefern. Hierzu können mehrjährige Pflanzensysteme, wie zum Beispiel Grasland, Baumstreifen, mehrjährige Biomassegräser oder mehrjährige Blühpflanzen und deren Mischungen, einen wichtigen Beitrag liefern.

Mehrjährige Pflanzensysteme bringen gleichzeitig Biomasse und ökologische Leistungen

Mehrjährige Pflanzensysteme zeichnen sich dadurch aus, dass ihre Bewirtschaftung relativ störungsfrei erfolgt. So bleibt der Boden nach der einmaligen Pflanzung oder Aussaat bis zu 20 oder mehr Jahre unbearbeitet. Hierdurch werden das Risiko für Bodenabtrag (Erosion) vermindert, Kohlenstoff in Form von Humus im Boden festgelegt, das Bodenleben und die Biodiversität gefördert und die Bodenfruchtbarkeit erhöht. Außerdem können mehrjährige Pflanzen sehr effizient mit ihren Nährstoffen, wie zum Beispiel Stickstoff und Phosphor, umgehen.

Sie lagern diese im Herbst in ihre ober- oder unterirdischen Speicherorgane ein und stellen sie im Frühjahr den neu wachsenden Sprossen oder Blättern wieder zur Verfügung. Dadurch, dass ihre Wurzelsysteme über mehrere Jahre hinweg bestehen bleiben und sehr tief reichen, können mehrjährige Pflanzen besser mit Trockenheit oder schlechten Wachstumsbedingungen, wie zum Beispiel flachen oder sogar mit Schadstoffen belasteten (kontaminierten) Böden, umgehen.

Köpfe des Wandels

Prof. Dr. Iris Lewandowski leitet das Fachgebiet für Nachwachsende Rohstoffe und Bioenergiepflanzen an der Agrarwissenschaftlichen Fakultät der Universität Hohenheim. Ihr Forschungsinteresse gilt der Entwicklung von Strategien für eine nachhaltige und klimafreundliche Landwirtschaft, die Rohstoffe für eine wachsende Bioökonomie bereitstellt. Sie leitet den internationalen und interdisziplinären Masterstudiengang Bioeconomy.

Wie mehrjährige Pflanzensysteme zur Erhöhung der Biodiversität beitragen

Ein wichtiges mehrjähriges und gleichzeitig sehr biodiverses System ist das Grasland. Hierfür suchen wir nach der Bewirtschaftungsform, die einen hohen Reichtum an Blühpflanzen und damit in Folge an Insekten ermöglicht und gleichzeitig Biomasse liefert, die stofflich (z.B. für Graspapier) und energetisch (z.B. für Biogas) oder als Viehfutter verwendet werden kann.

Ein deutlicher ökologischer Zugewinn wird auch erreicht, wenn in der Biomasseproduktion einjährige durch mehrjährige Pflanzen ersetzt werden. So kann beispielsweise der Mais in der Biogasproduktion durch das biomassereiche Gras „Miscanthus“, die gelbe Blütenpflanze „Durchwachsene Silphie“ oder eine Mischung aus mehrjährigen und unterschiedlich blühenden Wildpflanzen ersetzt werden.

Mit unseren Partnern aus dem EU Projekt GRACE suchen wir nach Möglichkeiten um mehrjährige Pflanzensysteme auf solchen Böden anzubauen, die nicht für die Nahrungsmittelproduktion geeignet sind und deren Fruchtbarkeit durch mehrjährigen Pflanzenanbau verbessert wird.

Des Weiteren untersuchen wir die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten der dabei gewonnenen Biomassen und deren Bestandteile, wie zum Beispiel Fasern. Wir entwickeln hierfür die gesamte Wertschöpfungskette, welche die Biomasseproduktion und -verarbeitung bis zum Endprodukt umfasst.

Ziel ist es die Zusammensetzung der Biomasse so optimal hinzubekommen, dass eine emissionsarme und ertragreiche Weiterverarbeitung zum biobasierten Endprodukt möglich ist. Dabei hat die direkte Verarbeitung der Biomasse in landwirtschaftlichen Bioraffinerien Vorteile für den Landwirt. Er kann höherwertige Produkte als nur die unbearbeitete Biomasse produzieren, wie zum Beispiel Baustoffe und Chemikalien. Außerdem kann er die Pflanzennährstoffe aus der Biomasse zurückgewinnen und wieder auf den Feldern als Dünger verwenden.

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autorinnen und Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2020/21 – Bioökonomie.​

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