Missionsorientierte Innovationspolitik in der Bioökonomie - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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21.09.2020

Missionsorientierte Innovationspolitik in der Bioökonomie

Kurz & Knapp
  • Politik ist ein zentraler Treiber für die Transformation zur Bioökonomie.
  • Eine missionsorientierte Innovations- und Industriepolitik, die ausgerichtet an gesellschaftlichen Zielen ist, kann zur Entwicklung der Bioökonomie erheblich beitragen.
  • Es besteht noch ein erheblicher Weiterentwicklungsbedarf in der Bioökonomie hin zu klarer definierten Zielen für Missionen und dem gleichzeitigen und koordinierten Einsatz von verschiedenen Politikinstrumenten zur Förderung der Bioökonomie.

Politische Maßnahme von hoher Bedeutung für die Bioökonomie

Ein Beitrag von Sven Wydra, Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung

Der Bioökonomie wird ein potenziell hoher Beitrag zur Bewältigung ökonomischer, gesellschaftlicher und ökologischer Herausforderungen zugeschrieben. Für die Realisierung dieser Potenziale sind politische Maßnahmen von hoher Bedeutung. Denn es gibt eine Reihe von Hemmnissen in der Entwicklung der Bioökonomie. So sind z. B. biobasierte Produkte in vielen Fällen aktuell nicht (kosten-) wettbewerbsfähig mit fossil-basierten Produkten, und können sich bei den gegenwärtigen Rahmenbedingungen in den Märkten nicht durchsetzen.

Wie intensiv und in welcher Rolle der Staat in der Bioökonomie aktiv werden soll, ist aber nicht unumstritten. Zum einen wird generell kontrovers diskutiert, inwieweit der Staat in eine Vielzahl von Märkten durch industriepolitische Maßnahmen verstärkt eingreifen soll. Zum anderen sind bio-basierte Produkte und Prozesse nicht unbedingt nachhaltig, sondern den oftmals positiven Bilanzen zur CO₂ -Minderung stehen zum Beispiel potenzielle negative Folgen wie die Versauerung von Böden oder Monokulturen gegenüber.

Köpfe des Wandels

Dr. Sven Wydra leitet das Geschäftsfeld Bioökonomie und Lebenswissenschaften im Competence Center Neue Technologien am Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung. Seit 2005 beschäftigt er sich dort vor allem mit der Analyse der Innovations- und Wachstumspotenzialen neuer Technologien, Innovationssysteme und -politik in der Biotechnologie und Bioökonomie sowie dem Monitoring und der Evaluation von Schlüsseltechnologien und der Bioökonomie.

Zunehmende Missionsorientierung in der Innovationspolitik

Ein Lösungsweg, der insgesamt seit einigen Jahren in der Innovations- und Industriepolitik stärker diskutiert wird, ist eine missionsorientierte Politik für die Bioökonomie. Missionsorientierte Innovationspolitik zielt darauf ab, einen Beitrag zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen zu leisten.

Im Jahr 2010 wurde das technologorientierte Rahmenprogramm zur Biotechnologie durch die Nationale Forschungsstrategie Bioökonomie 2030 abgelöst. Diese hat den Anspruch einer missionsorientierten Forschungspolitik. Sowohl in der Strategie als auch in den dazugehörigen Förderporgrammen werden gesellschaftlichen Ziele stärker hervorgehoben. Beispielsweise wurden Fördermaßnahmen zur Ernährungssicherung, zu einer klimawandelresilienten Landwirtschaft oder zu Landnutzungskonzepten explizit auf Nachhaltigkeitsziele ausgerichtet. Auch die im Jahr 2020 verabschiedete Nationale Bioökonomiestrategie knüpft daran an.

Herausforderungen in der Umsetzung

Eine wichtige Herausforderung bei der Umsetzung der Bioökonomie besteht darin, die Missionen der Bioökonomie messbar zu machen und Wege aufzuzeigen, wie Zielkonflikte gelöst werden könnten. Zudem blieben Politikmaßnahmen wie z. B. eine Investitionsförderung oder Förderung der Nachfrage von biobasierten Produkten – mit der Ausnahme der zwischenzeitlichen Förderung von Bioenergie und -kraftstoffen – bislang weitgehend aus. Zwar werden seit einigen Jahren solche Maßnahmen diskutiert, wie bspw. Verbote fossil-basierter Produkte, Quotenregelungen, Preiseingriffe (CO2 -Steuer, Mehrwertsteuer o.ä), oder Bevorzugung bio-basierter Produkte in der öffentlichen Beschaffung. Sie wurden aber in Deutschland bislang nicht eingeführt.

Somit bleibt der koordinierte Einsatz von Politikinstrumenten zur Förderung der Bioökonomie auf verschiedenen Politikebenen (global, EU, national, regional), welches sich an konkreten gesellschaftlichen Zielen ausrichtet, eine große Herausforderung. Eine stärkere direkte Orientierung an Nachhaltigkeitszielen kann zu einer Rechtfertigung solcher Politiken und deren Erfolg beitragen.

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autorinnen und Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2020/21 – Bioökonomie.​