Chemiebausteine aus alten Backwaren - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

Springe zu:

Springe zum Inhalt

29.04.2021

Chemiebausteine aus alten Backwaren

Kurz & Knapp
  • Altbackwaren, die keinerlei Verwendung mehr finden, wurden bisher in Bio-gasanlagen oder Verbrennungsprozessen energetisch weitergenutzt. Doch Brot, Kuchen und Brötchen enthalten viel Stärke.
  • Forschenden der Universität Hohenheim und des Fraunhofer-Instituts für Holzforschung WKI ist es nun gelungen, aus der Stärke von Altbackwaren die wichtige Basischemikalie Hydroxymethylfurfural (HMF) zu gewinnen.
  • HMF wurde mithilfe eines neuen Verfahrens für die Weiterverarbeitung aufbe-reitet. Es könnte Formaldehyd in Harzen und Bioklebstoffen ersetzen, aber auch die Basis für selbstheilende Materialien sein.

Basischemikalie HMF aus Altbackwaren gewonnen

Altbackwaren, die keinerlei Verwendung mehr fanden, wurden bisher nur energetisch genutzt. Nun ist es Forschenden gelungen, aus der darin enthal-tenen Stärke die wichtige Basischemikalie Hydroxymethylfurfural (HMF) zu gewinnen. Das neu entwickelte HMF könnte beispielsweise Formaldehyd in Harzen und Biokunststoffen ersetzen.

In Deutschland fallen jährlich etwa 500.000 Tonnen Altbackwaren an. Brot, Brötchen und Kuchen, die weder zum Verzehr noch als Futtermittel geeignet sind, wurden bisher ausschließlich energetisch weiterverarbeitet – etwa in Biogasanlagen. Forschende der Universität Hohenheim und vom Fraunhofer Institut für Holzforschung WKI haben nun bewiesen, dass auch eine stoffliche Nutzung im Sinne einer biobasierten Kreislaufwirtschaft möglich ist.

Mithilfe eines neuen Verfahrens gelang es dem Team, aus Altbackwaren die wichtige Basischemikalie Hydroxymethylfurfural (HMF) zu gewinnen. „Wir haben in unserem Teilprojekt das Anwendungspotenzial für HMF näher be-stimmt, da regional verfügbare Altbackwaren eine sinnvolle Ressource jen-seits der energetischen Nutzung darstellen“, erklärt Steven Eschig, Projektlei-ter am Fraunhofer WKI.

HMF aus Stärke gewonnen

Das Potenzial der Altbackwaren liegt in der Stärke. Denn diese lässt sich zu HMF umsetzen. Die Umwandlung erfolgte im Bioraffinerie-Technikum der Uni-versität Hohenheim mithilfe eines speziell dafür entwickelten Prozesses zur hydrothermalen Behandlung. Dabei wird die feuchte Biomasse unter Hitze und leicht erhöhtem Druck umgewandelt.

Aus den Altbackwaren und der in großen Mengen enthaltenen Stärke entstand so HMF in wässriger Lösung. „Die Prozessparameter wie pH-Wert, Tempera-tur und Dauer haben wir so gewählt, dass möglichst hohe Ausbeuten an HMF erzielt werden“, so Projektleiter Markus Götz. Am Fraunhofer WKI wurde schließlich das HMF aus der wässrigen Lösung isoliert und weiterverarbeitet.

Vielfältige Anwendungsmöglichkeiten

Die Forschenden konnten demonstrieren, dass sich die aus Altbackwaren gewonnene Basischemikalie auch für höherwertige Anwendungen eignen. So könnte HMF beispielsweise Formaldehyd in Harzen und Biokunststoffen er-setzen. Es bietet aber auch die Option, Materialien mit Selbstheilungskräften herzustellen, da sich die chemischen Bindungen bei höheren Temperaturen wieder lösen lassen.

Auch für schaltbare Klebstoffe wäre HMF geeignet, sodass sich neue Recyc-lingmöglichkeiten ergeben. Auch zur Herstellung von Beschichtungen oder Fasern könnte HMF genutzt werden. Als Nebenprodukt der hydrothermalen Behandlung entsteht zudem Kohle, die als Biobrennstoff oder als Bodendünger oder gar Aktivkohle eingesetzt werden kann. Die Arbeit der Forschenden wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.