Eine Bioraffinerie für jeden Bauernhof - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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04.05.2021

Eine Bioraffinerie für jeden Bauernhof

Kurz & Knapp
  • Am „Unteren Lindenhof“ der Universität Hohenheim erproben Forschende, wie sich ein bäuerlicher Betrieb optimal durch eine kleine Bioraffinerie ergänzen lässt.
  • Aus biogenen Reststoffen und Nebenprodukten könnten so regional biobasierte Basischemikalien entstehen und ein Zusatzeinkommen für die landwirtschaftlichen Betriebe generieren.
  • Gemeinsam mit einem Team des KIT werden Prozesse im Technikumsmaßstab etabliert und ausgewertet. Dabei entstehen unter anderem Furfural, ein Kunststoffbaustein und synthetischer Kraftstoff.

KIT und Uni Hohenheim entwickeln ein Modellprojekt

Die Landwirtschaft entwickelt sich immer mehr zu einer Hightech-Branche. Biogasanlagen sind längst auf vielen Höfen etabliert. Weshalb also sollte nicht auch die Aufwertung biogener Reststoffe zu Basischemikalien direkt vor Ort erfolgen? Forschende erproben dazu nun ein für Bauernhöfe optimiertes Bioraffineriekonzept.

Biomasse dort verwerten, wo sie anfällt: Das ist das Ziel einer Kooperation der Universität Hohenheim mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT). In einem Modellprojekt wollen die Forschungseinrichtungen einen Bauernhof mit einer kleinen Bioraffinerie kombinieren und so Nachhaltigkeit und Profitabilität der Landwirtschaft optimieren.

Eine solche Bioraffinerie könnte in der Zukunft auf zahlreichen Bauernhöfen pflanzliche Reststoffe und Nebenprodukte der Landwirtschaft aufwerten zu Basischemikalien für Biokunststoffe und Biokraftstoffe, ohne in Konkurrenz zur Nahrungsproduktion zu treten. „Im Wesentlichen geht es um eine vielseitige Kombination von chemisch-physikalischen Verfahrenstechniken mit biologischen und biotechnologischen Prozessen“, erläutert Nicolaus Dahmen vom KIT.

Drei biobasierte Produkte im Fokus

Der Rohstoff für die Bioraffinerie ist Lignocellulose, die in Holz, Stroh und Gräsern enthalten ist. Die Bioraffinerie spaltet diese in Cellulose, Hemicellulose und Lignin auf. Daraus sollen im Pilotprojekt Furfural und Phenole entstehen – Ausgangsstoffe beispielsweise für formaldehydfreie Spanplatten. Auch Hydroxymethylfurfural wollen die Forschenden produzieren, woraus Kunststoffe für Lebensmittelverpackungen gefertigt werden können.

Nicht zuletzt soll ein am KIT entwickeltes Verfahren für die Herstellung von synthetischem Kraftstoff eingesetzt werden. Dessen Nebenprodukte Wärme und Strom decken den eigenen Prozessenergiebedarf. Damit die kleinen Anlagen der Bauernhöfe wirtschaftlich arbeiten, sollen dem Konzept zufolge die Zwischenprodukte in größeren Fabriken weiterverarbeitet werden.

Klima, Landwirtschaft und Region profitieren

„Werden verschiedene Prozesse effizient hintereinandergeschaltet, lässt sich Biomasse entlang der ganzen Wertschöpfungskette zu Lebensmitteln, Futtermitteln, Werkstoffen, Materialien, Chemikalien und Energie veredeln“, resümiert Dahmen. Davon profitiere neben den landwirtschaftlich Tätigen insbesondere das Klima: „Werden diese biogenen Produkte dann am Ende ihrer Nutzungsdauer zur Energieerzeugung verbrannt, wird nur dieselbe Menge an Kohlendioxid freigesetzt, die auch beim Verrotten des pflanzlichen Ausgangsmaterials entstehen würde.“ So könnten nicht nur fossile Brennstoffe, sondern auch CO2-Emissionen eingespart werden und sich nachhaltige Prozesse einer regionalen und kreislauffähigen Bioökonomie etablieren.