Sozialverhalten im Stall auf der Spur - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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24.08.2021

Sozialverhalten im Stall auf der Spur

Kurz & Knapp
  • Verhält sich ein Tier im Stall auffällig? Mögen zwei Tiere einander und suchen die Nähe? Hightech-Trackingsysteme können helfen, diese Fragen zu beantworten.
  • Echtzeit-Trackingsysteme funktionieren am verlässlichsten, wenn der Stall genau vermessen und in funktionale Zonen eingeteilt wurde und die Geräte gut kalibriert sind.
  • Richtig eingesetzt lässt sich so der Stress der Tiere im Stall verringern, was das Tierwohl fördert. Außerdem hilft das Tracking der Verhaltensforschung.

Mit Tracking zu mehr Tierwohl

Sind wir Freunde? Das Leibniz-Institut für Nutztierbiologie hat ein optimiertes Echtzeittrackingsystem entwickelt, das das Sozialverhalten von Nutztieren wie Milchkühen erfasst. Das soll Maßnahmen beim Stallmanagement ermöglichen, die Stress im Stall abbauen helfen und Gesundheitsprobleme früh erkennen.

Freundschaften sind wichtig – aber gilt das auch für Milchkühe? Obwohl diese Frage für das Tierwohl von großer Bedeutung sein kann, gibt es dazu bislang wenig Forschungsdaten. Das Leibniz-Institut für Nutztierbiologie (FBN) in Dummerstorf möchte mithilfe von Bewegungssensoren darauf eine Antwort geben – für ein besseres wissenschaftliches Verständnis, aber auch für weniger Stress im Stall.

Sensoren, die die Position von Nutztieren erfassen, werden seit einigen Jahren bereits kommerziell genutzt, um das Herdenmanagement zu verbessern oder automatisierte Abläufe zu ermöglichen. Das richtige Konzept und die räumliche und zeitliche Auflösung machen dabei jedoch große Unterschiede. Ein Forschungsteam des FBN hat diese Echtzeitortungssysteme (kurz: RTLS) nun verbessert.

Mit Ultrabreitband und GPS

Ähnlich einem Fitnessarmband liefern Halsbänder der Kühe im Sekundentakt Daten über deren Aufenthaltsort. Innerhalb des Stalls erfolgt das mittels Ultrabreitbandsignalen, im Freien per GPS. Die Kunst besteht nun darin, aus diesen Messdaten sinnvolle Informationen abzuleiten. Das Forschungsteam hat den Stall dazu in funktionale Zonen aufgeteilt, um zu erkennen, welche Tiere sich wie lange wo und mit wem zugleich aufhalten. Dieser Ansatz sei genauer und flexibler als eine reine Abstandsmessung. Wichtig sei zuvor eine punktgenaue Vermessung des Stalls und die entsprechende Kalibrierung der Geräte.

Aus diesen Aufenthaltsbeobachtungen können Rückschlüsse darüber gezogen werden, ob das Tier gesund ist und ob es sich wohlfühlt. Das wiederum ermöglicht es, die Haltungsbedingungen zu optimieren.

Tierwohl in den Vordergrund stellen

Das vom Bundesforschungsministerium geförderte Vorhaben habe „detaillierte Empfehlungen für die Installation und die Validierung eines RTLS erarbeitet“, erläutert Nina Melzer vom FBN, „Dies eröffnet nicht nur neue Forschungsfelder im Bereich Verhaltensforschung, sondern ermöglicht auch Landwirtinnen und Landwirten ein verbessertes Stallmanagement, bei dem das Tierwohl im Vordergrund steht.“

Nach der technischen Optimierung des Systems will das FBN nun in einem Folgeprojekt die eingangs gestellte Frage beantworten, ob Kühe mit anderen Artgenossen Freundschaft schließen, sich gerne zusammen aufhalten. Denn, so Jan Langbein vom FBN: „Am Sozialverhalten der Tiere lassen sich wichtige Informationen ablesen, die zur Verbesserung ihres Wohlbefindens und ihrer Gesundheit genutzt werden können.“