Enzyme in Kunststoffe einbetten - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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08.06.2021

Enzyme in Kunststoffe einbetten

Kurz & Knapp
  • Kunststoffe haben vielseitige Einsatzmöglichkeiten. Durch Enzyme könnten diese noch erweitert werden, doch die Kunststoffherstellung ist eigentlich zu heiß für die Biomoleküle.
  • Ein neues Verfahren verbirgt die empfindlichen Enzyme in porösen Partikeln und schützt sie so vor Hitze. Dadurch können sie in Kunststoffschmelzen eingearbeitet werden.
  • Das Verfahren hat den Machbarkeitsbeweis mit erdölbasierten wie mit biobasierten Kunststoffen erbracht und soll nun für weitere Enzyme angepasst werden.

Ein Hitzeschutz ermöglicht neue Anwendungen

Forschende haben einen Prozess entwickelt, um bioaktive Enzyme trotz deren Hitzeempfindlichkeit in Kunststoffe einzubetten. Damit könnten beispielsweise Rohre davor geschützt werden, durch biologische Rückstände oder Bewuchs zu verstopfen. Das Verfahren funktioniert für fossile wie für biobasierte Kunststoffe.

Enzyme sind wahre Wundermaschinen der lebenden Zelle. Unter den Biomolekülen sind zahlreiche, die sich der Mensch gern technisch zu Nutze machen würde. So können die bioaktiven Moleküle beispielsweise Verschmutzungen reinigen oder Schimmelpilze fernhalten. Ein Ziel ist es daher, derartige Enzyme auf Materialoberflächen aufzubringen. Oftmals scheitert das jedoch an den Herstellungsprozessen, denn Enzyme vertragen keine hohen Temperaturen.

Im Forschungsprojekt „Biofunktionalisierte Materialien und (Glyko)Biotechnologie“ entwickeln Forschende vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung (IAP) nun eine Technik, mittels derer Enzyme auf Kunststoffen gebunden oder darin eingearbeitet werden können, obwohl der Prozess dazu mehr als 100 Grad Celsius erfordert. Gefördert wird das Vorhaben vom Brandenburgischen Forschungsministerium.

Schutzhöhlen für Enzyme

Nach der Hälfte des Projekts vermeldet das Team nun erste Erfolge. Der entscheidende Trick besteht darin, die Enzyme in einer Art Schutzhöhle zu verbergen: „Wir verwenden beispielsweise anorganische Partikel, die sehr porös sind. Die Enzyme binden an diese Träger, indem sie sich in die Poren einlagern“, erläutert Ruben Rosenkranz vom Fraunhofer IAP. Auch wenn dadurch die Beweglichkeit der Enzyme eingeschränkt sei, blieben sie weiterhin aktiv und hielten deutlich höheren Temperaturen stand. Jedes Enzym erfordert dabei jedoch individuelle Lösungen. Um die stabilisierten Enzyme direkt bei der Herstellung des Kunststoffs zu integrieren, müssen diese vorsichtig, aber zugleich schnellstmöglich in der heißen Kunststoffschmelze verteilt werden.

Selbstreinigung und Giftabbau

Bislang haben die Forschenden Enzyme verwendet, die Eiweißmoleküle abbauen und so beispielsweise Rohren eine selbstreinigende Wirkung verleihen können, damit diese nicht durch biologische Verunreinigungen verstopfen zuwachsen. Andere Enzyme, mit denen sich die Projektpartner beschäftigen wollen, bauen Giftstoffe ab.

Den Machbarkeitsbeweis hat das Team anhand von Kunststoffgranulaten, Folien und Spritzgusskörpern bereits erbracht. Deren Alltagstauglichkeit wird nun weiter erprobt. So ist schon jetzt klar, dass die Enzyme innerhalb des Kunststoffs höhere Temperaturen vertragen als ohne diesen. Außerdem haben die Forschenden die Zukunft der Kunststoffherstellung berücksichtigt: Ihre Methode funktioniert nicht nur für Kunststoffe auf Basis von Erdöl, sondern auch für biobasierte Kunststoffe.