Nachhaltige Faserplatten aus Stroh - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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29.06.2021

Nachhaltige Faserplatten aus Stroh

Kurz & Knapp
  • Die Verbundfaserplatte „Bioflexi“ besteht zu mehr als 80 Prozent aus Reisstroh und damit aus einem Agrarreststoff, der nicht mit der Nahrungsproduktion konkurriert.
  • Die neuartige Platte ist nicht nur kompostierbar, sondern auch flexibel formbar. Außerdem sind übliche Veredelungen wie eine wasserabweisende Beschichtung oder eine farbige Laminierung möglich.
  • Das Material wird durch etablierte Produktionsmethoden erzeugt und hat günstige Rohstoffpreise, weshalb die Universität Stuttgart nun hofft, einen Industriepartner für die Herstellung zu gewinnen.

Holzwerkstoff komplett aus biogenen Reststoffen

Nachhaltigkeit liegt auch bei Werkstoffen im Trend. Doch nicht alles, was biobasiert ist, ist automatisch nachhaltig. Problematisch ist bei Holzfaserplatten oft das darin enthaltene Kunstharz. Die Universität Stuttgart hat nun eine Alternative aus Stroh entwickelt, die gesundheitlich unbedenklich, kompostierbar und zudem flexibel formbar ist.

Ob im Möbelbau oder im Trockenbau von Wänden und Böden: Faserplatten aus Holz, Restholz oder Sägeabfällen sind als Material stark gefragt. Doch die biobasierten Platten sind nicht unbedenklich. Ihre Fasern werden durch oftmals gesundheitsgefährdende Harze verbunden. Obendrein verhindert das eine spätere Kompostierung des Materials.

An der Universität Stuttgart haben Forschende um Juniorprofessorin Hanaa Dahy eine ökologische und gesundheitlich unbedenkliche Alternative entwickelt: eine völlig flexible Faserplatte aus schnell nachwachsenden Roh- und Reststoffen, die wiederverwertet oder kompostiert werden kann. Für das patentierte Material namens „Bioflexi“ wird ein Industrieunternehmen als Partner für die Produktion gesucht.

Besonderer Vorteil bei Reisstroh

Bioflexi verwendet als Grundlage zu 80 bis 90 Prozent Stroh. Dieser Agrarreststoff ist weltweit verfügbar und besonders nachhaltig, denn er konkurriert nicht mit der Nahrungsmittelproduktion. Die meisten Getreidestroharten sind als Rohstoff geeignet, doch Reisstroh bietet einen Zusatznutzen: Aus ihm besitzen die Faserplatten einen Silikatanteil von bis zu 20 Prozent des Trockengewichts und können so allein durch den Zusatz mineralischer Additive die DIN 4102-B1 Materialklassifikation „schwer entflammbar“ erreichen.

Die sonst in den Kunstharzen von HDF-Platten enthaltenen Problemstoffe Formaldehyd und Isocyanat umgehen die neuartigen Platten, indem sie als Bindemittel ein umweltverträgliches thermoplastisches Elastomer verwenden. Deren Auswahl bestimmt, wie flexibel oder stabil die Platten sind.

Etablierte Prozesstechnik

Weitere Eigenschaften können durch eine entsprechende Laminierung erzielt werden, beispielsweise eine wasserfeste oder farbige Oberfläche. Auf diese Weise können die Bioflexi-Platten ebenso für frei geformte Möbel wie für Trennwände verbaut werden, aber auch als rutschhemmender und schlagabsorbierender Bodenbelag dienen.

Aus eigener Fertigung existieren bislang nur kleinere Demonstrationsstücke der ökologischen Verbundfaserplatte. Das Erfinderteam hofft daher nun auf eine baldige Kommerzialisierung, denn durch den günstigen Rohstoff sind die neuartigen Platten auch wirtschaftlich attraktiv – zumal für die Herstellung nur etablierte Produktionsprozesse erforderlich sind: Compoundierung, Extrusion und Pressung.