Insekten als Futterquelle und Rohstofflieferanten der Bioökonomie - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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07.05.2021

Insekten als Futterquelle und Rohstofflieferanten der Bioökonomie

Kurz & Knapp
  • Proteinhaltige Futtermittel wie Sojaschrot und Fischmehl können nach derzeitigem Kenntnisstand durch Insektenmehle anteilig ersetzt werden.
  • Insekten stellen darüber hinaus Rohstofflieferanten für zahlreiche technische Anwendungen dar.
  • Eine nachhaltige inländische Insektenmehlproduktion auf Basis von Reststoffen könnte die Abhängigkeit von Futtermittelimporten senken und neue regionale Wertschöpfungsmöglichkeiten erlauben.

Insekten als Futterquelle und Rohstofflieferanten der Bioökonomie

Ein Beitrag von Harald Wedwitschka, Deutsches Biomasseforschungszentrum gemeinnützige GmbH

Das anhaltende Bevölkerungswachstum und die weltweit wachsende Nachfrage nach tierischen Produkten führt zu einem steigenden Bedarf an hochwertigen Proteinquellen für die Lebensmittel- und Futtermittelproduktion. Aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit natürlicher Ressourcen, zunehmender Klimaveränderungen und der Nutzungskonkurrenz zwischen Lebensmittel-Futtermittel-Kraftstoffen, nimmt die Bedeutung kostengünstiger und nachhaltig erzeugter Proteinquellen zu. Seit jeher werden Insekten vom Menschen als Futtertiere und auch als Nahrungsmittel genutzt. Aus gutem Grund, denn sie enthalten hochwertige Proteine, Fette und ein breites Spektrum an Wirkstoffen und bioaktiven Substanzen.

Köpfe des Wandels

Harald Wedwitschka ist studierter Biotechnologe und Umweltwissenschaften und arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Biomasseforschungszentrum. Sein Forschungsgebiet beinhaltet die Untersuchung biotechnischer Ansätze zur kombinierten stofflichen und energetischen Nutzung von Biomasse. In seiner Promotionsarbeit untersucht er Optimierungsmöglichkeiten für die biologische Abfall- und Reststoffbehandlung im Boxenfermentationsverfahren.

Insekten - Kleine Tiere, großes Potenzial

Insekten sind mit circa einer Million beschriebenen Arten die artenreichste Klasse der Tiere. Aufgrund ihrer evolutionären Entwicklungsgeschichte sind sie bestens an verschiedenste Lebensräume, Umweltbedingungen und Futterstoffe angepasst. Sie sind in der Lage organische Substrate und Reststoffe zu verwerten und in hochwertige Rohstoffe umzuwandeln. Die Insektenzucht stellt einen vielversprechenden Baustein einer zukünftigen Bioökonomie dar, denn vor dem Hintergrund begrenzter Ressourcen rückt die Mehrfachnutzung und Kreislaufführung von Biomasse in Nutzungskaskaden zunehmend in den Fokus. Die Klimabilanz von Insektenprodukten fällt speziell dann sehr günstig aus, wenn Reststoffe als Insektenfutter zum Einsatz kommen und der Prozesswärmebedarf durch Abwärme oder mit Hilfe erneuerbarer Energien gedeckt wird. Ein weiterer Vorteil der Insektenproteinerzeugung ist, dass der Wasser- und Flächenbedarf und der Futtermitteleinsatz für die Insektenzucht verhältnismäßig gering ausfällt und Reststoffe als Biogassubstrat oder als Wirtschaftsdünger in den Nährstoffkreislauf zurückgeführt werden können.

Insektenbiomasse mehr als nur eine Proteinquelle

Die Gewinnung technischer Produkte mit Hilfe von Insekten hat eine lange Geschichte, wie Beispielsweise die Produktion von Farbstoffen aus Schellack und die Herstellung von Textilfasern aus Seide zeigen. Insektenfett, ein Koppelprodukt der Insektenproteinerzeugung, stellt einen geeigneten Rohstoff für verschiedene technische Anwendungen dar. Industriell werden z.B. Schmier- und Kraftstoffe in der Petrochemie vorwiegend aus fossilen Rohstoffen (Olefinen) gewonnen; nachwachsende Rohstoffe spielen derzeit nur eine untergeordnete Rolle. Für die Herstellung bio-basierter Olefine auf Basis von Insekten lassen sich dagegen unterschiedliche Biomassen und Reststoffe verwerten. Diese eröffnen ein breites Spektrum hochwertiger, biobasierter Produkte. Die großtechnische Insektenzucht ist noch eine neue Technologie und es besteht nach wie vor Forschungsbedarf. Derzeit gibt es nur wenige Unternehmen weltweit mit Insektenproduktionskapazitäten im industriellen Maßstab, doch die Zahl der geplanten und im Bau befindlichen Anlagen nimmt stetig zu.

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autorinnen und Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2020/21 – Bioökonomie.​