Methanol-basierte Biotechnologie - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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23.07.2021

Methanol-basierte Biotechnologie

Kurz & Knapp
  • Die Basischemikalie Methanol könnte ein zentrales Element einer zukünftigen Bioökonomie sein.
  • Methanol-verwertende Mikroorganismen eignen sich für die biotechnologische Herstellung verschiedener Wertstoffe.
  • Die Produktionsorganismen müssen in verschiedenster Weise für ihren Einsatz optimiert werden.

Vision einer Methanol-Ökonomie

Ein Beitrag von Markus Buchhaupt, DECHEMA-Forschungsinstitut, Frankfurt am Main

Die industrielle Herstellung der meisten Produkte und auch der Großteil an Kraftstoffen basiert momentan noch immer auf fossilen Rohstoffen. Eine Abkehr von dieser Erdöl-basierten Ökonomie ist unausweichlich, stellt aber die gesamte produzierende Industrie vor enorme Herausforderungen.

Eine mögliche Basischemikalie, die an die Stelle von Erdöl treten könnte, ist Methanol, ein Alkohol mit nur einem Kohlenstoffatom. Solch eine Methanol-Ökonomie wird seit langem diskutiert und es gibt gute Argumente für dieses Konzept. So ist Methanol als Flüssigkeit einfach handhabbar und mit einer Jahresproduktion von weltweit ca. 80 Millionen Tonnen pro Jahr schon heute eines der wichtigsten Zwischenprodukte der chemischen Industrie. Methanol kann selbst als Kraftstoff dienen und ist zudem die Ausgangssubstanz für die Herstellung einer Vielzahl von Produkten. Die Herstellung von Methanol geschieht nahezu ausschließlich mittels eines hocheffizienten Prozesses ausgehend von Synthesegas (Mischung aus Kohlenmonoxid und Wasserstoff), das momentan noch überwiegend aus fossilen Rohstoffen wie Kohle und Erdgas stammt.

An nachhaltigen Prozessen zur Bereitstellung von Synthesegas und damit auch Methanol aus nachwachsenden Rohstoffen, aus Abfällen oder sogar Kohlendioxid wird jedoch in Wissenschaft und Industrie sehr intensiv geforscht. Auch die als Kernelement der Energiewende geplante Herstellung von Wasserstoff mit Hilfe regenerativer Energien unterstützt die Rolle von Synthesegas und Methanol als Basisrohstoffe einer zukünftigen Bioökonomie.

Köpfe des Wandels

Markus Buchhaupt hat Biologie in Frankfurt am Main studiert. Nachdem er sich im Rahmen seiner Promotion und Postdoc-Zeit mit ribosomaler RNA, seltenen humanen Erkrankungen und funktionaler Genomik beschäftigt hat, widmet er sich seit 2007 im DECHEMA-Forschungsinstitut in Frankfurt am Main der Biotechnologie. Seit 2017 leitet er dort die biotechnologische Forschung und forscht neben den Arbeiten zur Methanol-Biotechnologie an verschiedenen Aspekten der Herstellung von Terpenen, Aromastoffen und anderen Feinchemikalien. Neben der Suche nach neuartigen Enzymen ist der Schwerpunkt seiner Arbeiten das Maßschneidern von Mikroorganismen für Produktionsprozesse und andere Zwecke.

Methanol-verwertende Bakterien als Baustein einer Bioökonomie

Unter anderem aufgrund dieser »grünen« Zukunftsperspektive ist Methanol auch eine attraktive Kohlenstoffquelle für biotechnologische Herstellungsprozesse. Schon in den 1970er Jahren wurde so sehr effizient bakterielle Biomasse als Futtermittel produziert. Ein bedeutender Vorteil für industrielle Prozesse ist dabei die hohe Toxizität von Methanol für die meisten Mikroorganismen, während die als Produktionsorganismen verwendeten Bakterien den Alkohol sowohl als Energie- als auch als Kohlenstoffquelle nutzen können. Sie werden methylotrophe Bakterien genannt und weltweit arbeiten einige Forschergruppen daran, diese auch für die Herstellung verschiedenster Wertstoffe einzusetzen. Dazu bedarf es Veränderungen im Stoffwechsel, denn während der Kohlenstoff des Methanols normalerweise hauptsächlich für den Aufbau neuer Bakterienzellen verwendet wird, muss in solchen Produktionsorganismen ein möglichst hoher Anteil des Kohlenstoffs im gewünschten Produkt landen. Dafür müssen die Stoffwechselflüsse durch gezielte Veränderungen der Aktivität einzelner Enzyme oder sogar durch das Einbringen von im Bakterium nicht enthaltenen Enzymen gezielt beeinflusst werden. Auch andere Eigenschaften der Zellen wie z.B. eine hohe Stabilität sind wichtig für ihren späteren Einsatz in Produktionsanlagen und werden optimiert.

Der Einsatz von Methanol-verwertenden Bakterien zur Herstellung von verschiedenen Aromastoffen, anderen Feinchemikalien oder auch Bioplastik wurde schon demonstriert. Auch wenn an der Effizienz der Prozesse weiterhin gearbeitet wird, ist das Potential dieser Mikroorganismen für die chemische Industrie enorm und könnte ein wichtiger Teil einer zukünftigen Bioökonomie werden.

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autorinnen und Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2020/21 – Bioökonomie.​