Nachhaltige Stadt-Land-Beziehungen durch die Bioökonomie - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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14.05.2021

Nachhaltige Stadt-Land-Beziehungen durch die Bioökonomie

Kurz & Knapp
  • Neue Anforderungen an die Ressource Land erzeugen zunehmend Konflikte zwischen Stadt und Land.
  • Die Bioökonomie besitzt das Potenzial für eine nachhaltige Transformation der Landnutzung.
  • Stadt und Land können diese Transformation gemeinsam durch arbeitsteilige Wertschöpfung und gegenseitiges Verständnis erreichen.

Stadt-Land-Konflikte um die Ressource Land

Ein Beitrag von Prof. Dr. Daniel Schiller, Universität Greifswald

An die Ressource Land werden vielfältige Anforderungen gestellt. Sie dient traditionell als Produktionsstandort für Nahrungs- und Futtermittel. Zunehmend werden auch pflanzenbasierte Rohstoffe für andere (z. B. energetische) Nutzungen erzeugt. Darüber hinaus erfüllen die Ökosysteme vielfältige Leistungen für den Menschen (sog. Ökosystemleistungen), nicht zuletzt für Freizeit und Erholung.

Hinter diesen Funktionen der Ressource Land stehen konkurrierende Ansprüche. Durch die Bewirtschaftung werden Arbeitsplätze gesichert und Wertschöpfung erzielt. Dies beeinträchtigt jedoch teilweise die Funktion der Ökosysteme und die Biodiversität. Hinzu kommen soziale Ansprüche als Wohnort und Raum zur Selbstentfaltung. Neue Bevölkerungsgruppen ziehen in ländliche Räume, Stadtbewohner artikulieren ihre Interessen. Die komplexen Aushandlungsprozesse zwischen städtischen und ländlichen Räumen sowie unterschiedlichen Lebensentwürfen werden in den letzten Jahren zunehmend konfliktbehaftet.

Köpfe des Wandels

Prof. Dr. Daniel Schiller ist seit 2016 Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschafts- und Sozialgeographie an der Universität Greifswald. In seiner Forschung befasst er sich unter anderem mit der Bedeutung der Bioökonomie für eine nachhaltige Transformation der Regionalentwicklung. Er ist Sprecher des WIR!-Bündnisses Plant³ und setzt sich in diesem Rahmen für einen innovationsbasierten Strukturwandel im nordöstlichen Mecklenburg-Vorpommern ein.

Nachhaltige Landnutzung durch die Bioökonomie gemeinsam gestalten

Die Etablierung einer wissensbasierten Bioökonomie in ländlichen Räumen bietet die Chance, nachhaltige Formen der Landnutzung zu realisieren. Den Ausgangspunkt dafür bildet die praktische Anwendung neuen Wissens über innovative Formen der Nutzung biologischer Ressourcen. Die Vision einer nachhaltigen Transformation ländlicher Räume besteht darin, den ökonomischen, sozialen und ökologischen Ansprüchen verschiedener Bevölkerungsgruppen gerecht zu werden.

Dieses Ziel kann erreicht werden, wenn bei der Entwicklung und Umsetzung wirtschaftlich tragfähiger Nutzungskonzepte für die Ressource Land von vornherein die ökologischen Wirkungen berücksichtigt und abgewogen werden. Außerdem sind verschiedene gesellschaftliche Gruppen und Interessen in einem offenen Dialogprozess auf Augenhöhe einzubeziehen. An der Universität Greifswald werden derartige Lösungsansätze unter anderem im WIR!-Bündnis Plant³ sowie im Projekt „Vorpommern Connect“ entwickelt.

Stadt-Land-Wertschöpfungssysteme sorgen für Verbindungen

Die Grundlage für die gemeinsame Gestaltung einer nachhaltigen Landnutzung durch die Bioökonomie ist die Erkenntnis, dass sich Stadt und Land in einer wechselseitigen Abhängigkeit befinden und sich gegenseitig ergänzen können. Wertschöpfungssysteme in der Bioökonomie ermöglichen die Schaffung von Kreisläufen zwischen Stadt und Land.

Durch bioökonomisches Wissen wird eine hochwertigere Veredelung pflanzenbasierter Rohstoffe aus ländlichen Räumen möglich als bisher. Reststoffe aus der Land- und Forstwirtschaft können beispielsweise für die industrielle Produktion von Biokunststoffen nutzbar gemacht werden. Umgekehrt finden urbane Lebensmittelreste eine neue Verwendung als Futtermittel oder als Proteinquelle (z. B. Apfelkerngehäuse und -trester). Die Zahlungsbereitschaft der städtischen Bevölkerung für hochwertige biobasierte Produkte kann schließlich genutzt werden, um die Verbesserung ökosystemarer Leistungen der landwirtschaftlichen Produktion zu finanzieren.

Gegenseitiges Verständnis durch Lernen und Erleben

Die Grundlage für eine gemeinsame Gestaltung der nachhaltigen Landnutzung wird jedoch nicht nur über die wirtschaftliche Nutzung erreicht. Mindestens genauso wichtig ist es, dass verschiedene Bevölkerungsgruppen in Stadt und Land füreinander Verständnis entwickeln und so gesellschaftlicher Zusammenhalt gesichert wird. Dazu können Orte und Formate des Austausches dienen, die es Jung und Alt aus Stadt und Land ermöglichen, die Produktion pflanzenbasierter Rohstoffe zu erleben und mehr über die ökosystemaren Zusammenhänge der Landnutzung zu lernen.

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autorinnen und Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2020/21 – Bioökonomie.​