Präzise bewässern dank Satellitendaten - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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07.09.2021

Präzise bewässern dank Satellitendaten

Kurz & Knapp
  • Damit Ackerpflanzen den optimalen Ertrag erbringen, benötigen sie unter anderem zur richtigen Zeit die richtige Menge Wasser. Der Versorgungszustand ist jedoch für ein ganzes Feld schwierig zu erfassen.
  • Eine von Fraunhofer-Forschenden entwickelte Technologie macht das möglich. Sie beruht auf Satelliten, die die Wärmestrahlung der Blätter erfassen, und Algorithmen, die daraus den Zustand der Pflanze errechnen.
  • Mit nur wenigen Stunden Zeitverzögerung wird dadurch die präzise Bewässerung des Feldes möglich. Kommerziell verfügbar werden soll das System im kommenden Jahr.

Neue Methode zeigt Trockenstress auf Äckern in Echtzeit

Fehlt Pflanzen Wasser, leiden sie und auf den Feldern sinken die Erträge – bis hin zum Totalausfall. Eine neue satellitengestützte Methode liefert nun mit nur wenigen Stunden Verzögerung Daten zum Zustand der Pflanzen und ermöglicht eine rechtzeitige Bewässerung. 2022 soll das System den kommerziellen Betrieb aufnehmen.

Die Dürresommer der vergangenen Jahre haben auch in Deutschland immer wieder zu Ernteverlusten geführt. Angesichts dessen, dass diese Wetterextreme infolge der Klimakrise zunehmen werden, sind Landwirte darauf angewiesen, Wasser einerseits sparsam, andererseits aber auch rechtzeitig dort einzusetzen, wo es benötigt wird. Eine neue satellitengestützte Technologie ermöglicht jetzt genau das.

Schon länger stehen Satellitendaten zur Verfügung, die die Reflexion von Blättern im nahinfraroten Bereich messen und damit den Gehalt an Chlorophyll erfassen. Dessen Konzentration sinkt, wenn eine Pflanze an Wassermangel leidet. Doch wenn dieser Effekt zu beobachten ist, ist es meist schon zu spät, um Schäden an der Pflanze zu verhindern.

Durchbruch bei der Datenverarbeitung

„Was wir brauchen, ist eine Technologie, die innerhalb weniger Stunden verrät, ob Pflanzen ausreichend mit Wasser versorgt sind“, erläutert Max Gulde, Physiker am Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik. Das Team nutzt deshalb eine besondere Wärmebildkamera. Der Sensor des Satelliten erfasst die Photonen, die die Pflanzen abstrahlen, und damit die Energiemenge. Daraus errechnet eine Software die Temperatur an der Blattoberfläche aufs Zehntelgrad genau. Dieser Wert wiederum erlaubt Rückschlüsse auf die Wasserversorgung der Pflanze.

Die Herausforderung lag darin, die Wärmestrahlung der Erdoberfläche, der Atmosphäre und des Satelliten selbst herauszurechnen. „Wir sind ganz unbedarft an die Sache herangegangen, bis die ESA uns mitgeteilt hat, dass das ein echter Durchbruch sei“, freut sich Gulde.

Informationen nach wenigen Stunden

Schon wenige Stunden nach der Aufnahme liegen die Ergebnisse vor und die in der Landwirtschaft Tätigen können reagieren. Die präzise Auflösung der Daten erlaubt es zum einen, dort, wo die Pflanzen noch gut versorgt sind, Wasser zu sparen, und zum anderen rechtzeitig für Bewässerung zu sorgen, wo sich bereits ein Mangel abzeichnet. Nicht zuletzt erlaubt der Überblick über den Zustand der Pflanzen auch genauere Ernteprognosen nach Dürren.

Das vom Bundeswirtschaftsministerium geförderte Projekt hat mit „ConstellR“ bereits eine Ausgründung und vier Patente hervorgebracht. Anfang 2022 soll die Technologie an Bord der Internationalen Raumstation ihren Praxiseinsatz aufnehmen, in Rechenzentren am Boden verarbeitet und auf die Apps der Nutzerinnen und Nutzer übertragen werden.