Wissenschaftsjahr 2014 - Die Digitale Gesellschaft

Digitalisierung und Sprache

Wie beeinflussen Chats, SMS und soziale Netzwerke unser Sprachverhalten?

"Beta", "Sugly" oder "entsnowden" – dies sind nur einige Vorschläge für das Jugendwort des Jahres 2014. Kommunikation über soziale Netzwerke, Chats oder Twitter verändert aber nicht nur das Sprachverhalten der Jugendlichen. Werden unsere Sätze immer kürzer? Verlieren bestimmte Satzbestandteile in Zukunft ihre Funktion? Und werden Anglizismen unseren Alltagswortschatz bestimmen?

Wir haben Sprachwissenschaftler befragt, wie digitale Medien unser Sprachverhalten verändern werden:

"Die Auswirkungen digitaler Medien dürften weniger im Sprachsystem (Grammatik usw.) zu suchen sein als im faktischen Sprachgebrauch sowie langfristig bei sprachlichen Normen. Eine Tendenz sehe ich im zunehmenden Gebrauch informeller/nähesprachlicher Formen auch im öffentlichen Sprachgebrauch, was grundsätzlich mit einer Tendenz zur Informalisierung einhergehen könnte. Gleichwohl ergeben sich daraus potentielle Normkonflikte, wie die Untersuchung studentischer E-Mails zeigt."           

Jan Seifert, Sprachwissenschaftler an der Universität Bonn 

© Steffi Loos

"Jugendliche können zwischen verschiedene Textarten wie SMS, mündlicher und geschriebener Sprache einfach switchen. Durch digitale Medien verfällt die Sprache nicht, sie entwickelt sich weiter und wird vielseitiger."          

Heike Wiese, Professorin für Deutsche Sprache der Gegenwart an der Universität Potsdam und Sprecherin des Zentrums Sprache, Variation und Migration

"Die Informationsaufbereitung von Texten im Web und die zunehmende Bedeutung der Bildinformation könnten langfristig dazu führen, dass junge Menschen komplex dargestellte Sachverhalte nicht mehr lesen können oder wollen."                        


Peter Schlobinski, Experte für Jugendsprache sowie Sprache im digitalen Zeitalter, Leibniz Universität Hannover

"Kommunikationsmöglichkeiten wie SMS, Chat, Email, Facebook, Twitter, etc. haben dazu geführt, dass mehr Menschen mehr privat schreiben und lesen als vermutlich je zuvor – also auch Menschen, die aufgrund ihrer Bildung bzw. Berufstätigkeit ohne digitale Medientechnik eher wenig Kontakt mit der Schriftsprache hätten. Die Lese- und Schreibdidaktik könnte sich die ständige Konfrontation von Kindern und Jugendlichen mit Schrift zu Nutzen machen. Es ist falsch zu glauben, dass "das" Internet oder das Handy der Schreibkompetenz der Jugendlichen schadet."                                               


Georg Albert, Germanistikprofessor an der Universität Koblenz-Landau