Wissenschaftsjahr 2014 - Die Digitale Gesellschaft

DFB-Team triumphiert auch über Algorithmus

WM-Simulator sah Argentinien als Favorit

Mario Götzes Treffer in der Nachspielzeit hat Deutschland im WM-Finale zum Weltmeister gemacht. Der von Wissenschaftlern der Freien Universität entwickelte Fußball-Simulator hatte ein knappes Ergebnis vorausgesagt – allerdings mit Argentinien als wahrscheinlicheren Sieger.

Prof. Rojas sitzt in einer Bibliothek
Prof. Rojas berechnet die Chancen der Teams auf einen Sieg. © FU Berlin
Ball der auf der Torlinie liegt
Wussten Sie, dass der beste Freund des Schiedsrichters ein Deutscher ist?

Bisher hat das Programm, mit dem die Spielergebnisse schon im Vorhinein berechnet werden können, nahezu perfekt funktioniert: Die Software hat vor Beginn der Weltmeisterschaft Deutschland, Argentinien, Brasilien, Holland und Spanien als die wahrscheinlich erfolgreichsten Mannschaften identifiziert. Vier dieser fünf Teams haben tatsächlich das Halbfinale erreicht. Für das Finale am vergangen Sonntag sollte es für Deutschland dem Simulator zufolge eng werden: „Die Wahrscheinlichkeit, dass Argentinien gewinnt, liegt bei 51 Prozent. Ein Sieg des deutschen Teams ist zu 49 Prozent wahrscheinlich“, hatte Entwickler Prof. Raul Rojas vor Spielbeginn gesagt. Jedoch wurde bei dieser Prognose der Heimvorteil der Argentinier mit eingerechnet. Zwar spielten diese nicht im eigenen Land, aber die argentinischen Fans waren zahlenmäßig eindeutig stärker im Stadion vertreten. Wird dieser Faktor nicht berücksichtigt, wäre das deutsche Team mit einer Wahrscheinlichkeit von 55 Prozent Favorit im Kampf um den Titel gewesen.

Der Nutzer des Simulators kann vier Rankings in seine Vorhersage einfließen lassen und diese verschieden gewichten. Dabei hat sich das sogenannte Elo-Fußball-Ranking als das erfolgreichste bewiesen. Bei den Elo-Rankings wird eine gewisse Anzahl von Leistungspunkten vergeben, die die jeweilige Spielstärke widerspiegeln soll. „Dabei bekommt jedes Team Punkte für gewonnene Spiele und muss andere für verlorene abgeben – ein System, dass wir aus dem Profischach kennen“, erklärt Rojas.

10.000 Weltmeisterschaften in wenigen Millisekunden

Ist die Differenz der Spielstärke von zwei Mannschaften groß, kann anhand von historischen Daten die Siegwahrscheinlichkeit der besseren Mannschaft berechnet werden. Die Spiele werden nach diesen Wahrscheinlichkeiten ausgetragen. Die bessere Mannschaft gewinnt beispielsweise in sechs von zehn Partien, aber nicht immer - auch starke Mannschaften können manchmal einen schlechten Tag haben.

Um den Weltmeister zu ermitteln, werden alle Spiele in einem ganzen Turnier virtuell durchgespielt. Da aber eine einzige Simulation nicht aussagekräftig genug ist (schließlich spielen im Fußball der Zufall und die Tagesform der Spieler eine wichtige Rolle) wird die Simulation bis zu 10.000 Mal ausgeführt. Mit diesem System kann der Fortschritt eines jeden Teams bis zum Finale verfolgt werden. Am Ende berechnet die Software die relative Häufigkeit. Mit dem Simulator wird also letztlich die Wahrscheinlichkeit für den Sieg einer bestimmten Mannschaft ermittelt.

Darüber hinaus können auch Heimvorteil und sogar der Marktwert der Spieler als Einflussfaktoren für Sieg oder Niederlage von der Software berücksichtigt werden. Der Nutzer hat dabei die Möglichkeit, die verschiedenen Rankings oder Einflussfaktoren selbst zu gewichten. Denkt er etwa, dass die FIFA-Rangliste aussagekräftiger ist als die Marktwerte, kann er die erstere mit einem höheren Gewichtungsfaktor belegen. Der WM-Simulator genießt große Beliebtheit: Zu Beginn des Turniers wurden bereits rund 120.000 Sitzungen registriert , wobei fast 30 Prozent der Nutzer nach einem ersten Besuch zur Seite zurückkehrten.

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